Über fünfzig Fahrradaktivisten jeden Alters trafen sich am 7. Mai 2022 zur ersten Fahrradtour “Lokale Energiewende”, veranstaltet von der Stadtteilgruppe Lokstedt-Niendorf-Schnelsen von Bündnis90/Die Grünen. Startpunkt der rund 4 1/2 km langen Tour war die Revierförsterei im Niendorfer Gehege. Der Bundestagsabgeordnete Till Steffen betonte in seiner Eröffnungsrede die Bedeutung der erneuerbaren Energien im Kampf gegen den Klimawandel und ihren Beitrag zur Unabhängigkeit von fossilen Energien, mit denen Kriege finanziert werden.
Lokale Energiewende in der Revierförsterei
Den erfolgreichen Umbau in eine klimaneutrale Revierförsterei im Rahmen des “Integrierten Klimaschutzkonzepts Eimsbüttel” erläuterte Förster Sven Wurster. Er zeigte die mit selbstproduziertem Strom der großen PV-Anlage betriebenen Maschinen und Fahrzeuge, aber auch die sanierten Betriebsgebäude mit im Sommer kühlenden, im Winter wärmenden Gründächern und Wärmedämmung. Das Waldsterben in Folge des Klimawandels ist auch im Niendorfer Gehege angekommen. Der Förster führte die Gruppe zu einer über 80-jährigen nun absterbenden Fichtengruppe.
Mieterstrom mit Bürgerenergie
Weiter ging es zum neuen Quartier “Hinter der Lieth” der Buchdruckergenossenschaft. Hier werden die Gebäude mit Solarstrom und Wärme aus einem Blockheizkraftwerk versorgt. Die Bürgerenergiegenossenschaft Energienetz Hamburg e.G. und die Naturstrom AG sorgen für günstigen Mieterstrom und eine starke Abkopplung von fossilen Energiepreisen. Dr. Sarah Debor, Abteilungsleiterin im Bereich Dezentrale Energieversorgung der Naturstrom AG, zeigte aber auch auf, welche Schwierigkeiten daraus erwachsen, den selbstproduzierten Strom übergreifend zwischen den Netzanschlusspunkten des Quartiers zu nutzen. Ihr Appell an engagierte Bürger: sich bei Hausverwaltungen für Mieterstromprojekte einsetzen, finanziert durch Bürgerenergiegenossenschaften. So treiben wir auch in Städten die Energiewende voran.
Klimaneutraler Verein
Auf der geplanten Veloroute 3 ging es weiter zum Kletterzentrum des Deutschen Alpenvereins, der bis 2030 vollständig klimaneutral sein will. Am Kletterzentrum empfingen der Geschäftsführer Michael Jansen und der Nachhaltigkeitssprecher Julian Braasch die Gruppe. Hier sichert eine große Solarthermieanlage mit Vakuum-Röhren und Warmwasserspeicher die Wärmeversorgung, und eine PV-Anlage speist überschüssigen Strom ins Netz. Ein großes Dankeschön für die erfrischenden Getränke!
Plus-Energiehaus und Selbstbau-Photovoltaik
An einer zum Plus-Energiehaus im Zylinderviertel sanierten “Kaffeemühle” wurde auf der letzten Station das erste mobile Balkonkraftwerk von SoliSolar in Betrieb gezeigt. Das 300-Watt Kraftwerk soll an wechselnden Standorten Überzeugungsarbeit leisten – in der Öffentlichkeit, aber auch, um potentielle Sonnenstandorte auf Eignung zu testen. Volker berichtet vom Stand der Sammelbestellung.
Weiter geht es mit den Erfahrungen beim Bau einer 8,2 kW Anlage auf dem Flachdach mit einer 11 kW-Hausbatterie. Die Anlage entstand im Selbstbau vor drei Jahren und hätte sich ursprünglich innerhalb von 13 Jahren amortisiert. Auf Grund steigender Energiepreise und des zusätzlichen Strombedarfs für das E-Auto amortisiert sie sich inzwischen innerhalb von 10 Jahren – und macht das Haus schon heute zu einer Energiequelle statt -senke. Denn insgesamt speist das Haus mehr Energie ins Netz als es bilanziell aus dem Netz bezieht, auch unter Berücksichtigung der Pellets für die Restwärmeversorgung. Es ist damit ein Plus-Energiehaus.
Bei Kaffee und Kuchen ging ein informativer Nachmittag nach rund 3 Stunden zu Ende. Toll, dass so viele Teilnehmer bei dieser Tour durch Niendorf und Lokstedt teilgenommen und mit ihren Fragen bereichert haben. Das Thema Lokale Energiewende ist definitiv im Kommen. Vielen Dank auch an Ruben und Jörg für die Fotos.